23. März 2020
Montag, 13. Januar 2020
Leviathan
- Russland, 2014, 142’
- Regie: Andrei Swjaginzew
- mit Aleksei Serebryakov, Elena Lyadova, Vladimir Vdovichenkov
Die Männer sind schon am frühen Nachmittag sturzbetrunken. Mit Gewehren wollen sie auf gerahmte Fotos russischer Politiker schiessen: auf Breschnew, Gorbatschow, Jelzin. «Und was ist mit den aktuellen Politikern?», fragt einer. «Für die ist es noch zu früh», lallt der Mann mit grossem Ernst. «Leviathan» zielt direkt auf das System Putin – Korruption, Gier, Skandale, Gewalt und Wodka sind allgegenwärtig. Auch dem Automechaniker Kolia ist eigentlich klar, dass sein Kampf von vornherein zwecklos ist. Trotzdem gibt er nicht auf. Aus Gründen, die er nicht kennt, soll Kolia enteignet und das Grundstück, das seine Familie seit Generationen bewohnt, an die Stadtverwaltung übergeben werden. Als Entschädigung spricht man ihm eine lächerlich geringe Summe zu. Weil auf dem Weg der Institutionen kein Erfolg zu erwarten ist, schlägt Dmitri einen anderen ein: Er erpresst den Bürgermeister mit dessen Vorleben als Gangsterboss.
Der Film spielt offensichtlich auf die vielen Enteignungen an, die die Bürger von Sotschi vor den Olympischen Spielen trafen. Die russisch-orthodoxe Kirche macht mit den Mächtigen gemeinsame Sache, ja, sie treibt deren illegale Machenschaften gar an. Am Ende des Films hält ein Bischof eine weihrauchgeschwängerte Predigt über die Liebe zur Wahrheit, die im neoliberalen Russland längst auf der Strecke geblieben ist. Der Staat wird auf ganzer Linie gegen Kolia siegen. Der Untergang seines Protagonisten steht von Anfang an fest wie in einem antiken griechischen Drama. Das Epos «Leviathan» ist ein grossartiges Meisterwerk, eingebettet in grossartige Landschaftsbilder.