11. April 2016
Montag, 11. April 2016
Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht
- Deutschland, 2013, 230’
- Regie: Edgar Reitz
- mit Hans Dieter Schneider, Antonia Bill, Marita Breuer
Nach seiner dreiteiligen «Heimat»-Saga im Fernsehen wollte Edgar Reitz eine weitere Hunsrück-Geschichte verfilmen und entschied sich für die Zeit der Auswanderungswelle in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts.
Edgar Reitz hat mit diesem Film ein Meisterwerk geschaffen. Fast vier Stunden dauert das eindrückliche Familienepos, doch diese vergehen wie im Fluge, so spannend ist es inszeniert. In strahlendem Schwarz-Weiss, mit akkurat gesetzten, ganz kleinen farbigen Einsprengseln tastet sich der Blick der Kamera langsam durch enge Gassen, dunkle Kammern, ausdrucksstarke Gesichter und liebliche Landschaften.
Im Zentrum steht die Figur des jungen Jakob Simon aus Schabbach auf dem Hunsrück. Gleich zu Beginn des Films beobachtet er wie eine Kolonne vollbepackter Wagen zum Horizont fährt. Die Menschen sind auf dem Weg nach Südamerika, weg von Hunger und Armut, bereit zu einem neuen Leben. Auch Jakob ist als jugendlicher Romantiker vom Auswanderervirus befallen. Er liest Bücher über Brasilien, studiert die Sprache der Urwald-Indianer und entwirft Pläne für sein Abenteuer in der neuen Welt. Eigentlich sollte Jakob seinem Vater, der im Sog der aufkommenden Industrialisierung eine Dampfmaschine erfindet, in der Schmiede helfen. Doch dazu hat er keine Lust. Sein Umfeld wird in den Strudel seiner Träumereien hineingezogen: Seine von Arbeit geplagten Eltern, sein kampfbereiter Bruder Gustav, das schöne Jettchen und ihre Freundin, das Florinchen. Ihre Sehnsüchte und die aller Dorfbewohner drohen immer wieder zu zerbrechen: an der Unwissenheit der Zeit, an Krankheiten, Tod und Naturkatastrophen, die über das Land hereinbrechen. Trotzdem schmiedet Jakob unermüdlich an seinem neuen Lebensplan.